Die Kritische Theorie verdankt sich der außerakademischen Erfahrung der gescheiterten Revolution von 1919, dem Zergehen der liberalen Gesellschaft und des bürgerlichen Individuums sowie des Grauens von Auschwitz, nicht der innerwissenschaftlichen Auseinandersetzung. Max Horkheimer hat dies bereits in den 1930ern erkannt, als er in Traditionelle und kritische Theorie dem traditionellen Verständnis von Wissenschaft eine kritische Theorie gegenüberstellte, die Denken als Teil gesellschaftlicher Praxis begreift. Dass Kritische Theorie es überhaupt an die Universitäten schaffte, verdankt sie der spezifischen historischen Konstellation der Nachkriegszeit. So ist es kein Wunder, dass kritisches Denken in Zeiten spätkapitalistischer Rationalisierung des akademischen Betriebs und seiner Anpassung an die Gesetze der Kulturindustrie aus den Universitäten verschwindet. In solchen Zeiten der Ohnmacht des kritischen Intellektuellen braucht es keine aktionistischen Proteste für „Bildung für alle“ und „Freiräume kritischen Denkens“, sondern das, was Kritische Theorie ausmacht: Den begrifflichen Nachvollzug gesellschaftlicher Entwicklungen, um der Welt den Spiegel vorzuhalten. Ohne Praxis bleibt Kritische Theorie steril, ein „Imperativ ist sie aber nicht, Ausrufezeichen liegen ihr fern“, wie Horkheimer in den 1950ern notierte. Die Reihe des Referats für Kritische Theorie im Fachschaftsrat Sozialwissenschaften will dementsprechend gar nicht zum allmonatlichen Protest für oder gegen irgendeine Sache aufrufen, sondern dafür plädieren, endlich einmal den Kopf einzuschalten. Ob dies klappt, darf bezweifelt werden, was an der Sache selbst liegt. Dennoch möchte die Reihe Gedanken der Referenten und Referentinnen zum Verhältnis von kritischer Theorie und Universität, zur postmodern-sozialwissenschaftlichen Gegenaufklärung à la Foucault und Butler sowie zu aktuellen Ereignissen aus Sicht einer kritischen Theorie vorstellen.
Folgende Veranstaltungen finden im Rahmen der Reihe statt:
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