Universitätspräsidium versucht Prof. Salzborn loszuwerden
Am letzten Mittwoch veröffentlichte der FSR SoWi einen offenen Brief, in dem das Unverständnis für die Nichtverlängerung der Stelle von Prof. Salzborn geäußert wurde und das Universitätspräsidium aufgefordert wurde, dies rückgängig zu machen und die sich abzeichnende Marginalisierung der Sozialwissenschaftlichen Fakultät zu beenden.
Der offene Brief hat mittlerweile über 200 Unterstützende aus Wissenschaft und Gesellschaft gefunden. Darunter u. a. Prof. Alvin H. Rosenfeld, Director of the Institute for the Study of Contemporary Antisemitism, Indiana University, Prof. Butterwegge, Universität Köln, Prof. Dr. Julius H. Schoeps, Gründungsdirektor des Moses Mendelssohn Zentrums für europäisch-jüdische Studien, Universität Potsdam, die Amadeu-Antonio-Stiftung oder auch das Junge Forum der Deutsch-Israelischen Gesellschaft.
Fabienne Schaffrath, Pressesprecherin des FSR SoWi: „Die breite bundesweite Unterstützung von Institutionen und zahlreichen Einzelpersonen aus Wissenschaft und Gesellschaft, aber auch von internationalen Forschenden, zeigt, dass die Entscheidung des Präsidiums Prof. Salzborn nicht zu verlängern, nicht nur negative Auswirkungen für die Studierenden hat, sondern auch für den Ruf der Universität und den Wissenschaftsstandort Göttingen fatal ist.“
Dem NDR gegenüber bedauerte auch der Zentralrat der Juden in Deutschland es „sehr, dass ein auf dem Gebiet der Antisemitismus-Forschung ausgewiesener Fachmann nicht weiter die Möglichkeit erhält, an der Universität Göttingen zu lehren“. Der Vorsitzende Josef Schuster erklärte außerdem, man halte die Entscheidung „gerade im Hinblick auf den zu beobachtenden Rechtsruck in der Gesellschaft für falsch“.
Auf die Feststellung des FSR SoWi, die Nichtverlängerung Salzborn entbehre jeglicher Grundlage, konterte das Präsidium der Universität Göttingen der Presse gegenüber mit der Aussage, dass diese im Einvernehmen mit der Sozialwissenschaftlichen Fakultät geschehe. Dem widersprach Dekan Prof. Reese-Schäfer in einem Interview mit dem Göttinger Tageblatt: „Abstimmung bedeutet nicht Zustimmung“, der Vorgang sei „kontrovers diskutiert und vom Präsidium entschieden worden.“
Schaffrath weiter: „Offensichtlich versuchte das Präsidium in seiner Mitteilung bewusst den Eindruck zu erwecken, die Entscheidung sei im Einvernehmen mit dem Dekan erfolgt. Dass dem nicht so ist, unterstreicht weiter, dass der Alleingang des Präsidiums nicht nachvollziehbar und wissenschaftlich absurd ist. Auch wurde der Presse gegenüber behauptet, die Präsidentin stünde dem FSR SoWi für ein Gespräch zur Verfügung; ein solches Gesprächsangebot hat uns jedoch bisher nicht erreicht.“
Weiter wurde durch einen Artikel des NDR aufgedeckt, dass das Präsidium eine geplante Dokumentationsstelle zur Beobachtung von Rechtsextremismus und Islamismus, die eng an die Person Salzborn geknüpft wäre, abgelehnt hat. Die Stelle sollte eingerichtet werden, um Fehleinschätzungen und Versäumnisse, wie sie in Bezug auf den NSU vorkamen, zu vermeiden.
Schaffrath: „Es ist nicht ersichtlich, warum das Präsidium diese einzigartige Forschungseinrichtung ablehnt. Das Projekt hätte nicht nur der Sozialwissenschaftlichen Fakultät eine hohe Summe an Drittmitteln beschert, sondern auch eine Leuchtturmfunktion für die Gesamtuniversität gehabt. Die Chance auf einzigartige und exzellente Forschung wird hier unterbunden.“
Und abschließend: „Die Ausflüchte des Präsidiums sind fadenscheinig. Aus persönlich-politischen Gründen soll die Dokumentationsstelle in ihrer ursprünglichen Konzeption verhindert und die kritische Rechtsextremismusforschung in Göttingen aufgelöst werden. Wir fordern das Präsidium auf, die Einrichtung der Dokumentationsstelle nicht weiter zu verhindern und dem Wunsch der Studierenden und Verantwortlichen der Fakultät nachzukommen und die Stelle von Prof. Dr. Salzborn zu verlängern!“
FSR SoWi, 3. Mai 2016