Keine Studienqualitätsmittel und strukturell unterfinanziert. Studentische Vollversammlung der SoWi Fakultät beschließt Resolution

Am vergangenen Mittwoch, den 24. April, waren alle Studierende der sozialwissenschaftlichen Fakultät an der Universität Göttingen dazu aufgerufen, an der studentischen Vollversammlung teilzunehmen. Grund hierfür war die angespannte finanzielle Lage bei den Studienqualitätsmitteln an der Fakultät.

Fabienne Schaffrath, Sprecherin des FSR SoWi erklärt hierzu: „Die Studienqualitätsmittel (kurz SQM) sind in den vergangenen Jahren eine wichtige Stütze für gute Lern- und Studienbedingungen an der sozialwissenschaftlichen Fakultät geworden. Durch diese mit studentischer Beteiligung vergebenen Gelder wurde beispielsweise ein Freidruckguthaben finanziert, das das Drucken von Texten für das Studium vergünstigt. Außerdem konnte durch die SQM die Anzahl an Tutorien für große Veranstaltungen erhöht werden, um eine erträgliche Betreuungsquote in den Veranstaltungen erreichen zu können. All das steht nun auf der Kippe oder fällt schon in diesem Semester weg. Besonders betroffen hiervon werden große Veranstaltungen im Wintersemester sein, wie Statistik 2 oder die für fast alle Studierenden der Fakultät verpflichtenden Methodeneinführungskurse. Das Druckguthaben steht schon bereits in diesem Semester nicht mehr zur Verfügung“.

Grund für die akute Mittelknappheit ist die langfristige Bindung der Gelder in Maßnahmen, die vor allem Personal finanzieren. Schaffrath dazu: „Das Geld ist nicht weg, es ist nur schon verplant und so stehen keine Mittel mehr für Anträge zur Verfügung, die jedes Semester aufs Neue eingereicht werden. Das betrifft neben dem Druckguthaben vor allem zusätzliche Tutorien, Exkursionen und die Geräteausleihe für empirische Sozialforschung. Hierdurch entstehen zum einen finanzielle Mehrbelastungen für die Studierenden, zum anderen können aber auch soziale Exklusionsmechanismen schlechter abgefangen werden, sodass die soziale Ungleichheit unter Studierenden verstärkt wird.

Auch strukturell ist die sozialwissenschaftliche Fakultät finanziell nicht gut aufgestellt, was vor allem im Vergleich mit anderen Fakultäten deutlich wird. Schaffrath daher abschließend: „Durch die unzureichende Grundfinanzierung, ist die Fakultät nur schwerlich in der Lage, die aktuelle Situation bei den SQM abzufangen. Wir fordern die Leitung der Universität Göttingen auf, Gelder zur Verfügung zu stellen, um das Defizit in der Lehre aufzufangen und die Studienbedingungen der Sozialwissenschaftlichen Fakultät aufrechtzuerhalten. Weiterhin fordern wir mehr Transparenz bei der Vergabe und Verteilung von Mitteln innerhalb der Universität.

FSR SoWi, 2. Mai 2019

 

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Gute Studienbedingungen langfristig sichern!

In den folgenden Semestern kann aufgrund der Mittelknappheit bei Studienqualitätsmitteln eine Verschlechterung der Studienbedingungen für Studierende der Sozialwissenschaftlichen Fakultät festgestellt werden. Ab dem nächsten Semester ist davon auszugehen, dass vor allem in den Pflichtmodulen des Methodenzentrums der Sozialwissenschaftlichen Fakultät (Quali/Quanti, Statistik) die Anzahl der Tutorien deutlich abnehmen wird. Auch für viele Module anderer Institute ist die Durchführung der Tutorien nicht langfristig gesichert. Tutorien sind in vielen Modulen für den Lernerfolg der Studierenden unabdingbar und sind daher ein notwendiger Bestandteil des Studiums. Ohne Tutorien würde außerdem eine der ohnehin wenigen interaktiven Lehrformen wegfallen, in denen die Studierenden die Möglichkeit haben, ohne Einschränkungen ihre Fragen zu stellen und die praktische Anwendung der Vorlesungsinhalte auf Augenhöhe zu üben und zu vertiefen.

Außerdem entfällt dieses Semester das Aufbuchen von Druckguthaben für alle Studierenden der Sozialwissenschaftlichen Fakultät. Zum einen wird dadurch für einige Studierende das Lesen der für die Seminarvorbereitung und den Studienerfolg unerlässlichen Texte erschwert. Zum anderen konnten so für viele Studierende die Kosten für den verpflichtenden Ausdruck von Hausarbeiten und anderen Prüfungsleistungen gedeckt werden. Diese müssen nun in jedem Fall von den Studierenden getragen werden und stellen damit einen weiteren Kostenfaktor dar. Bereits Anfang April musste die Methodenausleihe, in der Studierende notwendiges Equipment für (qualitative) Sozialforschung entleihen konnten, schließen. Die Durchführung entsprechender (teilweise geforderter) Forschungsprojekte für beispielsweise Abschlussarbeiten ist damit für viele Studierende entweder gar nicht oder nur noch unter hoher nicht leistbarer finanzieller Eigenbeteiligung möglich.

All dies verstärkt die soziale Ungleichheit unter den Studierenden.

Sozialwissenschaftliche Forschung ernst nehmen

Im Verhältnis zur Anzahl der Studierenden bekommt die Sozialwissenschaftliche Fakultät weniger Mittel als die meisten anderen – und zum Teil deutlich kleineren – Fakultäten. Daher war die Sozialwissenschaftliche Fakultät in der Vergangenheit deutlich stärker als andere Fakultäten auf die Studienqualitätsmittel angewiesen. Um jetzt und in Zukunft – wenn wieder Studienqualitätsmittel verfügbar sind – diese Abhängigkeit zu vermeiden, braucht es eine der Größe und Diversität der Studiengänge entsprechend ausreichende Finanzierung der Sozialwissenschaftlichen Fakultät durch Haushaltsmittel der Universität Göttingen. Aktuell werden Teile der Forschung und de facto auch grundständige Lehre aus den Studienqualitätsmitteln finanziert und damit die Existenz der Sozialwissenschaftlichen Fakultät auf dem Rücken der Studierenden verhandelt.

Die sozialwissenschaftliche Forschung und Lehre muss in ihrer Bedeutung ernstgenommen und durch entsprechende Finanzierung gestärkt werden. Erklärungen für gesellschaftliche Prozesse, Wahlverhalten, die Notwendigkeit politischer Bildung, Gesellschaften transformierende Protestbewegungen und das sich wandelnde Geschlechter- und Rollenverständnis lassen sich nur in den Sozialwissenschaften finden. Dies ist nicht nur gerade in Zeiten sich polarisierender Gesellschaften von Bedeutung.

Ehrliche Kommunikation

Wir fordern die Leitung der Universität Göttingen auf, Gelder zur Verfügung zu stellen, um das Defizit in der Lehre aufzufangen und die Studienbedingungen der Sozialwissenschaftlichen Fakultät aufrechtzuerhalten. Weiterhin fordern wir mehr Transparenz bei der Vergabe und Verteilung von Mitteln innerhalb der Universität.

Langfristig führt zur Lösung der genannten Probleme kein Weg daran vorbei, die Gelder unter den Fakultäten gerechter zu verteilen.

Als letzten Punkt wünschen wir uns, dass den Vertreter*innen der verschiedenen Statusgruppen in der Studienkommission ehrlich und transparent kommuniziert wird, wie viele Studienqualitätsmittel vergeben werden können. Dabei sollten Studienqualitätsmittel vorrangig für die Verbesserung der Lehre und strukturelle Angebote für Studierende genutzt werden.
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